Im folgenden Abschnitt werden wichtige Begriffe, die im Zuge einer Schadenregulierung auftreten, erläutert.

 

Gutachten

Ein von einem Sachverständigen erstelltes Gutachten soll einem Laien (also einem Nichtfachmann) einen Sachverhalt bzw. eine Sache verständlich machen. Es ist somit die Aufgabe des Sachverständigen, sein fachbezogenes Wissen einem Laien (z. B. Richter, Anwalt, Sachbearbeiter usw.) zu übermitteln, um diesem eine eigene Urteilsbildung zu ermöglichen.
Ein Gutachten muss immer nachprüfbar und nachvollziehbar sein und soll so formuliert sein, dass auch ein Nichtfachmann den Sachverhalt verstehen und nachvollziehen kann. Die Erstellung eines Gutachtens muss stets neutral und unabhängig erfolgen, da es auch der Beweissicherung dient.

 

Wiederbeschaffungswert

Unter dem Wiederbeschaffungswert versteht man den Betrag, den der Geschädigte aufwenden muss, um bei einem seriösen Fahrzeughändler ein gleichartiges und gleichwertiges Fahrzeug gleicher Güte zu erwerben. Der Wiederbeschaffungswert berücksichtigt das Fahrzeugalter, die Laufleistung, die Anzahl der Vorbesitzer, den festgestellten Fahrzeugzustand, evtl. festgestellte Alt- oder Vorschäden, vorhandene Sonderausstattung und Zubehör. Die Fälligkeit von Haupt- und Abgasuntersuchung sowie alle weiteren, den Wert des Fahrzeugs beeinflussenden Faktoren einschließlich der regionalen Marktlage fließen in die Wertermittlung ein.

Hinweise zu Wiederbeschaffungswert und Steuerangabe:
Wenn für die Wiederbeschaffungswertermittlung herangezogene Vergleichsfahrzeuge dieses Typs und Alters typischerweise regelbesteuert angeboten werden, enthält der Wiederbeschaffungswert die dann auszuweisende Mehrwertsteuer. Im Falle der Differenzbesteuerung nach §25a UStG erfolgt bei im Handel angebotenen Vergleichsfahrzeugen kein Ausweis der im Bruttokaufpreis enthaltenen Mehrwertsteuer. Diese kann daher nur geschätzt werden.
Bei Fahrzeugen, die aufgrund ihres Alters oder aufgrund ihres Zustands in der Regel im seriösen Kfz-Handel nicht mehr zu erwerben sind, sondern überwiegend auf dem so genannten Privatmarkt angeboten werden, fällt in der Regel keine Mehrwertsteuer an.

 

Restwert

Unter dem Restwert versteht man den Betrag, den der Geschädigte durchschnittlich für sein beschädigtes Fahrzeug im unreparierten Zustand auf dem ihm zugänglichen allgemeinen regionalen Markt erzielt.

 

Wertminderung

Unter einer merkantilen Wertminderung versteht man den voraussichtlichen Mindererlös bei einer Veräußerung des fach- und sachgerecht instandgesetzten Fahrzeugs unter Offenbarung des reparierten Unfallschadens. Er basiert auf der Sorge des potentiellen Käufers vor verborgenen Mängeln, die sich erst in der Folgezeit bemerkbar machen könnten.
Die Wertminderung ist steuerneutral (ohne Angabe von Mehrwertsteuer), denn es fehlt ihr am umsatzsteuerrechtlichen Anknüpfungspunkt des Leistungsaustausches.

 

Abzüge Wertverbesserung

Gemäß dem Grundsatz des §249 BGB ist die wirtschaftliche Gesamtlage des Geschädigten vor dem Schadenereignis wiederherzustellen. Es soll weder ein Nachteil noch ein Vorteil (Bereicherung) des Anspruchstellers eintreten.
Ein Abzug für Wertverbesserung ist im Haftpflichtfall auf das gesamte Fahrzeug und nicht auf das entsprechende Fahrzeuganbauteil zu beziehen. Es ist zu prüfen, inwieweit durch die erfolgte Instandsetzung des Fahrzeuges womöglich eine Wertsteigerung (Bereicherung des Anspruchstellers) des Gesamtfahrzeuges eingetreten ist. Da eine Bereicherung des Anspruchstellers gemäß §249 BGB nicht statthaft ist, muss diese Werterhöhung durch einen entsprechenden Minderwert wieder in Abzug gebracht werden.
Abzüge - bezogen auf einzelne Fahrzeugteile - dürfen nur vorgenommen werden, wenn diese Teile oder Bereiche bereits eine konkrete Vorbeschädigung (Altschaden) aufweisen oder aufgrund erheblicher Verschleißschäden demnächst hätten erneuert werden müssen. Beispiele hierfür sind abgefahrene Reifen, durchgerostete Auspuffanlage oder ein bereits vorgeschädigter Schadensbereich (Dellen, Unterrostungen usw.).
Die Höhe des Abzuges wird durch den Sachverständigen bestimmt (Berücksichtigung z. B. der Abnutzung oder des Vorschadens).
Dabei dürfen nur wirtschaftlich spürbare Vorteile berücksichtigt werden. Wenn der Geschädigte ein unfallbedingt erneuertes Teil verschleißbedingt in Kürze ohnehin hätte erneuern müssen, ist die dadurch gegebene Ersparnis wirtschaftlich real. Wenn hingegen eine neue Fahrertür in ein altes Auto eingebaut wird, wirkt sich der dadurch gegebene Vorteil nicht real aus. Ein solcher nur theoretischer Vorteil wird nicht berücksichtigt.

 

Reparaturdauer

Die Angabe der voraussichtlichen Reparaturdauer ist in einem Haftpflichtgutachten wichtig für die Ermittlung der Nutzungsausfallentschädigung, der Vorhaltekosten bzw. der Mietdauer für ein Ersatzfahrzeug.
Die voraussichtliche Reparaturdauer berücksichtigt den Zeitaufwand, der für die fach- und sachgerechte Instandsetzung des Unfallgeschehens erforderlich ist. Es wird bei der Beurteilung der Instandsetzungsdauer davon ausgegangen, dass die Reparatur zügig und ohne größere Unterbrechungen durchgeführt wird. Sie beinhaltet keine Verzögerungen oder Schwierigkeiten bei der Ersatzteilbeschaffung, keine Stand- und Wartezeiten sowie keine Arbeit an Samstagen, Sonn- und Feiertagen. Sie beinhaltet auch nicht die Wartezeit auf das Gutachten und eine eventuelle Überlegungszeit bis zur Reparaturentscheidung.

 

Wiederbeschaffungsdauer

Die voraussichtliche Wiederbeschaffungsdauer gibt die Zeit an, die in der Regel ausreicht, um ein vergleichbares Fahrzeug für das alte, unfallbeschädigte (Totalschaden) Fahrzeug zu beschaffen.
Bei gängigen Gebrauchtfahrzeugen ist in der Regel eine Wiederbeschaffungszeit von ca. 10 bis 15 Kalendertagen ausreichend.

 

Nutzungsausfall

Sofern der Anspruchsteller auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges verzichtet, steht ihm in der Regel für die Reparaturdauer bzw. Wiederbeschaffungsdauer (Totalschadenabrechnung) eine Entschädigung für die entgangene Nutzung seines unfallbeschädigten Fahrzeuges zu. Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung pro Tag kann entsprechenden Tabellen entnommen werden. Die aufgeführten Tagessätze sind mit der Ausfalldauer zu multiplizieren. Um den Anspruch auf die Nutzungsausfallentschädigung durchzusetzen, ist es ratsam, den Nutzungswillen durch die Instandsetzung des unfallbeschädigten Fahrzeuges oder aber durch die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges zu dokumentieren. In der Regel wird der Nachweis durch eine Reparaturrechnung bzw. durch eine Reparaturbestätigung (bei Instandsetzung) oder durch eine Kopie des Fahrzeugscheins des Ersatzfahrzeuges erbracht. Wird ein Ersatzfahrzeug vor Ablauf der Wiederbeschaffungsdauer zugelassen, so braucht die leistungserbringende Versicherung auch nur bis zu diesem Tag den Nutzungsausfall zu zahlen. Der Nutzungsausfall ist steuerneutral.
 
Hinweis: Gemäß der überwiegenden Rechtsprechung werden ältere Fahrzeuge (älter als 5 Jahre) eine Gruppe niedriger eingestuft. Fahrzeuge, die älter als 10 Jahre sind, werden 2 Gruppen niedriger eingestuft. In seltenen Fällen wird keine Nutzungsausfallentschädigung mehr erstattet. Dann wird auf die Vorhaltekosten (liegen erheblich niedriger als der Nutzungsausfall) zurückgegriffen. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Nutzwert des Fahrzeugs schon massiv beeinträchtigt war, was alleine durch Alterung kaum der Fall sein wird.

 

Vorhaltekosten

Wenn in Ausnahmefällen nur Vorhaltekosten geschuldet sind, sind sie für einen PKW meist in der Eurotax Schwackeliste aufgeführt und dokumentiert. Bei Nutzfahrzeugen werden die Vorhaltekosten errechnet.
Die Vorhaltekosten sind die durch die Existenz des Fahrzeugs täglich entstehenden Kosten (Abschreibung, Verzinsung, Steuern, Versicherung).

 

Mietwagen / Ersatzfahrzeug

Bei einem Haftpflichtschaden steht dem Geschädigten für die Dauer der Reparatur oder im Falle eines Totalschadens für die Wiederbeschaffungsdauer jeweils zuzüglich eventueller Vorlaufzeiten ein Ersatzfahrzeug zu (sofern kein Nutzungsausfall geltend gemacht wird). Voraussetzung ist aber, dass das gemietete Ersatzfahrzeug über den Rahmen hinaus so genutzt wird, als würde man gelegentlich mit dem Taxi fahren (Schadenminderungsobliegenheit). Faustregel: mindestens 25 km pro Tag, in ländlicher Gegend mit Unterversorgung durch öffentliche Verkehrsmittel auch weniger.

 

Notreparatur

Häufig ist durch eine Notreparatur (Schadenminderungsobliegenheit) die Verkehrs- und Betriebssicherheit eines unfallbeschädigten Fahrzeuges wieder herzustellen.
Dadurch können Ausfall- und Mietwagenkosten gemindert werden. Die Kosten für die Durchführung einer Notreparatur werden durch die leistungserbringende Versicherung erstattet.

 

Totalschaden

Man unterscheidet zwischen dem wirtschaftlichen Totalschaden, dem technischen Totalschaden sowie dem fiktiven unechten Totalschaden.
 
Wirtschaftlicher Totalschaden:
Ein wirtschaftlicher Totalschaden liegt vor, wenn die Reparaturkosten, ggf. zuzüglich Wertminderung, den Wiederbeschaffungswert (Wert des Fahrzeuges vor dem Schadenereignis) übersteigen. Aus technischer Sicht wäre eine Instandsetzung des Fahrzeuges möglich, aber unwirtschaftlich.
 
Technischer Totalschaden:
Ein technischer Totalschaden liegt vor, wenn das Fahrzeug aufgrund der erheblichen Beschädigung aus fachlicher Sicht nicht mehr instand gesetzt werden kann. Das ist keine wirtschaftliche, sondern eine rein technische Frage.
 
Fiktiver unechter Totalschaden:
Ein fiktiver unechter Totalschaden liegt vor, wenn der Anspruchsteller trotz vorliegender Reparaturwürdigkeit (Reparaturkosten liegen unterhalb des Wiederbeschaffungswertes) sein Fahrzeug nicht mehr reparieren lassen möchte und auf Basis eines Totalschadens (Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes) abrechnet. Diese Art der Abrechnung ist nur möglich, wenn die Summe aus Reparaturkosten und ggf. Wertminderung (Wiederherstellungsaufwand) höher ist als die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes (Wiederbeschaffungsaufwand). Man spricht von einem deckenden Restwert. Die leistungserbringende Versicherung darf sich hierbei die kostengünstigste Variante aussuchen.

 

Opfergrenzenregelung / "130%-Regelung"

Bei einem Haftpflichtschaden besteht die Möglichkeit, einen wirtschaftlichen Totalschaden instand setzen zu lassen, wenn folgende Parameter eingehalten werden:
  • Die prognostizierten Reparaturkosten zzgl. einer eventuellen merkantilen Wertminderung dürfen nicht höher als 130% des Wiederbeschaffungswertes liegen.
  • Das Fahrzeug muss repariert werden und die Reparatur muss den Vorgaben des Schadengutachtens entsprechen (fachliche und vollständige Reparatur).
  • Der Geschädigte muss das Fahrzeug weiter nutzen (in der Regel mindestens 6 Monate gemäß BGH Recht-sprechung) und somit sein Integritätsinteresse zum Ausdruck bringen.

 

Bagatellschaden

Haftpflichtschäden bis zu einer Schadenhöhe von ca. 750 € sind so genannte Bagatellschäden. Bei einem Bagatellschaden werden die Kosten für die Erstellung eines Gutachtens seitens der leistungserbringenden Versicherung nicht erstattet.
Das Problem für den Geschädigten liegt darin, dass er als Laie vorab nicht beurteilen kann, wie hoch der Schaden tatsächlich ist. Oft reicht schon eine kleine Delle mit einer Lackbeschädigung aus, um deutlich über der Bagatellschadengrenze zu liegen.
Wir empfehlen im Zweifel immer einen Kfz-Sachverständigen mit der Begutachtung des Fahrzeugs zu beauftragen. Sollte der Kfz-Sachverständige erkennen, dass es sich um einen Bagatellschaden handelt, wird er nur eine Reparaturkalkulation oder aber ein einfaches Kurzgutachten erstellen, sodass kein Verstoß gegen die Schadenminderungsobliegenheit besteht.

 

Vor- / Altschaden

Man unterscheidet Vor- und Altschäden wie folgt:
 
Altschaden:
Unter einem Altschaden versteht man eine noch nicht behobene Beschädigung an einem Kraftfahrzeug. Dies können Unfallschäden, Gebrauchsschäden wie Dellen, Beulen, Kratzer oder auch Korrosionsschäden sein. Auch Verschleißschäden sind Altschäden (z.B. abgefahrene Reifen, durchgerostete Auspuffanlage usw.).
 
Vorschaden:
Unter einem Vorschaden versteht man einen reparierten Schaden am Fahrzeug. Hierzu gehören fach- und sachgerecht instand gesetzte Unfallschäden, aber auch provisorisch grob instand gesetzte Unfallschäden. Bei letzteren ist die Angabe, ob nur eine teilweise Instandsetzung oder aber eine nicht fach- und sachgerechte Instandsetzung erfolgte, zwingend erforderlich.

 

Neuwagenersatz

Wird ein relativ neuwertiges Fahrzeug in erster Hand (eine Tageszulassung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Verkauf schadet nicht) im Haftpflichtfall beschädigt, so hat der Geschädigte - sofern die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt werden - Anspruch auf Neufahrzeugentschädigung.
Nach vorherrschender Rechtsprechung müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
  • Fahrzeugalter max. 1 Monat
  • Laufleistung max. 1.000 km
  • Es muss ein erheblicher in das Fahrzeuggefüge eingreifender Schaden vorliegen

 

Ersatzteilaufschlag

Viele Reparaturwerkstätten und Autohäuser erheben einen so genannten Ersatzteilaufschlag auf die unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers. Dies wird damit begründet, dass eine erhebliche Kapitalbindung in Form von vorrätigen Ersatzteilen in einem Autohaus oder Reparaturbetrieb verzinst werden soll. Bei einigen Marken werden Ersatzteilaufschläge von bis zu 20 % erhoben. Im Durchschnitt liegen diese Aufschläge bei 10 % bis 15 %.